Naturnaher Schrebergarten?

Schrebergarten-Anlagen sind der letzte Hort deutscher Spießigkeit. Blaukorn und getrimmte Rasenflächen bestimmen das Bild. Eigentlich ziemlicher Wahnsinn.

Dabei ist die Idee der Schrebergärten ziemlich genial: Menschen, die in der Stadt wohnen und so keine Möglichkeit haben, auf eigenem Grund, Obst und Gemüse für den täglichen Bedarf zu ziehen, sollten für wenig Geld Grundstücke pachten können. Diese kleinen Gärten sollen ein Ort der Erholung sein und der „Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf“ dienen.

Heute werden Schrebergärten in Kleingartenvereinen organisiert, die dem Bundeskleingartengesetz unterliegen und ziemlich viele Regeln haben. Und noch viel mehr ungeschriebene Gesetze. Nach gut 20 Jahren habe ich immer noch nicht verstanden, wie genau wer darüber bestimmt, was in Ordnung ist und was nicht.

Man sollte meinen, dass Naturschutz ein wichtiges Thema für Kleingartenvereine sei. Ist es für manche vielleicht auch. Für unseren eher weniger. Für meine Frau und mich allerdings schon. Da liegt ein gewisses Konfliktpotential, das durch einen dann und wann nicht zu leugnenden „Pflegerückstand“ tendenziell noch erhöht wird.

Mit anderen Worten: Unseren Garten findet man in unserer Kleingartenanlage sofort. Man muss nur den suchen, der hauptsächlich grün ist und in dem das Gemüse nicht in geraden Reihen sondern auf allerlei Hochbeeten, in Kratern (beabsichtigt und unbeabsichtigt) und Spiralbeeten wächst. Unser Garten ist der, wo Brennnessel, Löwenzahn und Giersch wachsen – und auch noch geerntet und gegessen werden. Es huschen Eidechsen über die Wege und Wildbienen flirren in den Beeten. Wir haben es aufgegeben, dem Garten unseren Willen aufzudrängen – wir nehmen ihn wie er ist und arbeiten mit seinen nicht immer sehr günstigen Bedingungen. Und das schaut manchmal etwas wild aus.

Was man allerdings auch sagen muss: Es hat uns noch nie jemand offen kritisiert. Nicht für die drei Komposthaufen, nicht für die Wildfruchtheckenpflanzen und auch nicht für das Unkraut. Allerdings ernten wir nicht nur jede Menge (Wild-)Kräuter sondern auch viele – je nach Charakter des Menschen am Gartenzaun – mitleidige oder erboste Blicke. Nun: Uns gefällt unser Garten und wir arbeiten daran, auf dieser sehr kleinen Fläche ein funktionierendes Ökosystem zu pflegen. Mit mehr oder weniger Erfolg.

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